Anna Sorokin wird 1991 in der Nähe von Moskau geboren. Als sie 16 ist, zieht die Familie nach Deutschland, wo Anna das Abitur besteht. Trotz der sprachlichen Barriere ist sie eine gute Schülerin, die von ihren Mitschülern als ruhig aber markenversessen beschrieben wird.
Nach dem Abitur macht sie einen Stopp in London, zieht anschließend nach Paris, wo sie bei der französischen Modezeitschrift Purple ein Praktikum absolviert. Dann zieht sie nach New York.
Ende 2013 passiert etwas, das Annas und das Leben vieler anderer Menschen für immer verändert: Anna erfindet sich neu. Sie nennt sich von nun an Anna Delvey. Doch die junge Frau ändert nicht nur ihren Namen, sondern setzt auch an ihrer Biografie an. Von nun an gibt sie sich als Erbin reicher Eltern aus Deutschland aus, die monatliche Zahlungen erhält.
Anna postet auf Instagram Fotos von sich in den angesagtesten Locations. Sei es im Soho House in Berlin, in teuren Hotels oder in exklusiven Clubs. Umgeben von erfolgreichen Unternehmern, Models und echten Millionenerben. Bald hat sie 30.000 Follower auf Instagram.
In New York schläft sie in teuren Hotels, hier lernt sie Neffatari Davis – kurz Neff – kennen. Neff ist im selben Alter wie Anna und arbeitet als Concierge in dem Hotel, in dem Anna zur Zeit übernachtet. Immer wieder taucht Anna vor ihrem Concierge Schreibtisch auf. Sie fragt nach Tipps zum Ausgehen, doch Neff wird bald klar, dass Anna sich schon bestens auskennt. Dieser Gast möchte keine Restaurantreservierung oder einen Tipp für einen angesagten Club, sie möchte ihre Zeit und ihre Freundschaft. Dafür schmeißt Anna auch gern mit 100$ Scheinen als Trinkgeld um sich und bestellt eine Kiste vom teuersten Champagner für das Hotelpersonal.
Zu diesem Zeitpunkt ahnt Neff noch nicht, dass Anna ihre Freundschaft eigentlich nur sucht, damit Neff für sie bürgt. Denn Anna hat sich zwar für 30 Tage im Hotel eingemietet, doch bisher noch keine gültige Kreditkarte hinterlegt. Immer wieder hat sie neue Erklärungen dafür, wenn die Luft dünn wird, kommt sie auf einmal mit einem Haufen Bargeld und bezahlt ihre ausstehenden Rechnungen. Was niemand weiß: Das Bargeld stammt nicht vom Annas vermeintlich reicher Familie, sondern aus geplatzten Schecks.
Wenig später lernt Anna Rachel kennen, eine Redakteurin bei Vanity Fair. Die beiden jungen Frauen verstehen sich auf Anhieb gut. Sie gehen häufig feiern, gemeinsam essen und Anna lädt Rachel auch zu den Workouts mit ihrer sündhaft teuren Personaltrainerin ein.
Wo auch immer Anna auftaucht, ihre Fassade scheint perfekt. Sie ist die Erbin einer reichen Familie aus Deutschland und ihr Traum ist es in New York ein Kunstprojekt umzusetzen. Die Anna Delvey Foundation. Eine Mischung aus Privatclub und Kunstmuseum. Eine passende Location hat sie auch schon im Auge, da sie aber jetzt noch nicht auf ihr vollständiges Erbe zugreifen kann, braucht sie Kredite in Millionenhöhe.
Anna scheint alle mit ihrem Charme einzunehmen. Ein Bankangestellter schickte ihr sage und schreibe 158 Textnachrichten mit eindeutigen Angeboten. Und immer wieder gelingt es ihr, dass ihre Freunde Ausgaben für sie übernehmen. Sie fliegt mit einem jungen Kunstsammler nach Venedig zu einem Kunstfestival und bittet ihn vorher, den Flug und die Hotelübernachtung auf seine Kreditkarte zu buchen, sie würde es ihm erstatten. Er denkt sich nichts dabei, doch das Geld sieht er nie wieder. So scheint sie es auch mit anderen Freunden zu machen. Doch da die meisten ihrer Freunde selbst schwer reich sind, möchte niemand Anna wegen ein paar Tausend Dollar hinterherrennen… Anders ist es bei Rachel Williams. Sie ist nicht reich. Sie ist nur eine junge Redakteurin mit keinem imposanten Gehalt und sie denkt, Anna wäre ihre Freundin. Als Anna ihr nun vorschlägt sie nach Marokko einzuladen, muss Rachel nicht lange überlegen. Anna verspricht ihr für alle Ausgaben aufzukommen. Neben Rachel lädt sie auch noch ihre Personaltrainerin und einen Filmemacher ein, da Anna eine Dokumentation über ihre Stiftung plant. Doch mal wieder funktioniert etwas mit Annas Kreditkarte nicht. Rachel springt ein und bucht die Flüge.
Doch als sie dann in einem extrem teuren Hotel mit Villa und eigenem Butler übernachten, hat sich das Problem mit Annas Kreditkarte noch immer nicht gelöst. Einige Hotelmitarbeiter bedrängen die jungen Frauen, dass sie unverzüglich eine funktionierende Kreditkarte vorlegen müssen. Es sei nur für die Kaution und der Betrag würde nur vorübergehend geblockt werden, versichert man ihnen. Anna gibt sich gelassen, es scheint einfach alles an ihr abzuprallen. Doch irgendwann knickt Rachel ein und gibt ihre eigene Kreditkarte her.
Es kommt jedoch anders, als man es ihr versichert hatte. Das Geld wird nicht nur geblockt, sondern die Karte wird mit dem gesamten Betrag belastet. Es sind rund 70.000 US$. Mehr Geld als Rachel in einem Jahr verdient.
Anna versucht ihre Freundin zu beschwichtigen, sie wird ihr das Geld überweisen und dann wird alles gut. Doch die Überweisung soll niemals kommen und ständig hat Anna andere Ausreden. Das Geld hängt in Europa fest, es gibt ein Problem mit der Bank. Anna verbindet Rachel mit einer imaginären Mitarbeiterin, die die Finanzen ihrer Familie regelt und sich um die Überweisung kümmern soll. Doch auch diese Mitarbeiterin kann Rachel nur hinhalten. Wie sich später herausstellt, war es Anna selbst, die hinter dieser Emailadresse steckte.
Nach Monaten geht Rachel zur Polizei. Erst nimmt sie niemand ernst, doch bald erkennt auch die Staatsanwaltschaft, dass Anna eine Betrügerin ist. Gemeinsam mit der Polizei gelingt es Rachel Anna in eine Falle zu locken und es kommt zum Prozess. Anna wird im Herbst 2017 verurteilt und im Februar 2021 nach 20 Monaten Haft auf Bewährung entlassen.