Das zweite Gehirn (Buchrezension)

Anfang September war ich eine Woche in Zypern und habe das Buch „Das zweite Gehirn Wie der Darm unsere Stimmung, unsere Entscheidungen und unser Wohlbefinden beeinflusst“ mitgenommen. Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Riva Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Es geht ums Mikrobiom. Das sind die Millionen Darmbakterien in unserem Körper und die scheinen einen großen Einfluss auf so ziemlich alles zu haben, was in unserem Körper passiert. Vor allem auf unsere Psyche.

Ich habe in dem Buch viel Neues gelernt. Zum Beispiel, dass die selben Zellen, die auf unserer Zunge den Geschmack der Nahrungsmittel erkennen, auch in unserem Darm angesiedelt sind.

Ein anderer Funfact, der mich beeindruckt hat ist, dass der Darm sich mit so einer Kraft zusammenziehen kann, dass er sogar Nüsse knacken könnte.

Der Autor spricht viel über Krankheiten, die mit der Darm-Hirn-Achse zusammenhängen. Hier fand ich die anschaulichen Beispiele aus seiner Praxis und die Case-Studys echter Patienten besonders interessant und aufschlussreich.

Früher dachte man, dass die Darm-Hirn-Achse eine Einbahnstraße wäre und nur Informationen vom Hirn zum Darm geleitet werden würden. Heute weiß man, dass es sich bei um einen Austausch in beide Richtungen handelte.

Bevor dieser Zusammenhang ausreichend erforscht wurde, war es gängige Praxis bei manchen Krankheitsbildern den Vagusnerv zu durchtrennen. So zum Beispiel bei Magengeschwüren oder Zwölffingerdarmgeschwüren. Das kommt allerdings mit einer Vielzahl an Nachteilen und wird heute auch aus anderen Gründen nicht mehr gemacht.

🦠 Das Mikrobiom

Heute weiß man außerdem, dass das Mikrobiom die ganze Zeit Informationen ans Gehirn sendet. Damit spielt es eine nicht zu unterschätzende Rolle bei vielen psychischen Krankheiten.

Manche von euch haben sicher schon einmal davon gehört, dass ein Großteil des Serotonins im Darm entsteht. Was ich allerdings nicht wusste ist, dass dieses Serotonin vollkommen andere Aufgaben erfüllt als das Serotonin in unserem Gehirn. Es ist also fragwürdig, ob wir Depressionen dadurch heilen könnten, dass wir die Serotonin Produktion im Darm anregen. Aktuell sieht es eher nicht so aus.

In eine andere Richtung funktioniert es allerdings schon. So ist aufgefallen, dass Patienten mit Leberzirrhose häufig an Depressionen erkranken. Wenn man ihr Mikrobiom durch Antibiotika gewissermaßen „ausschaltet“ bessern sich häufig die Depressionen. Grund dafür ist eine vermehrte Produktion von GABA (Gammaaminobuttersäura) im Darm. GABA ist ein inhibitorisch wirkender Neurotransmitter. Das übermäßig vorhandene GABA im Darm scheint allerdings vor allem antriebslos zu machen, was den Zusammenhang erklären könnte.

💡 Was mir besonders gut gefallen hat:

Das Buch geht wirklich in die Tiefe. Einer meiner häufigsten Kritikpunkte bei anderen (Sach-)Büchern ist, dass sie zu oberflächlich bleiben und das selbe liefern, wie 90% der anderen Bücher in diesem Genre. Das trifft hier nicht zu.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass das Buch angenehm lesbar geschrieben ist. Ich habe es auf einem dreistündigen Flug neben einer Familie mit einem Baby angefangen und konnte mich trotz teils anstrengender und ablenkender Geräuschkulisse gut darauf konzentrieren. 😂

🧚🏽‍♀️ Fazit

Teilweise fand ich das Buch etwas redundant. Mein größter Pluspunkt ist, dass es sehr in die Tiefe ging. Ich kann aber verstehen, dass das ein Kriterium ist, das andere Leser:innen eher von diesem Buch abschrecken würde. Wer nur oberflächlich an dem Thema interessiert ist, wird es schwer finden am Ball zu bleiben.

Aus diesem Grund würde ich auch davon abraten, das Buch zu verschenken. Außer ihr wisst mit Sicherheit, dass die beschenkte Person wirklich tief in dieses Thema einsteigen wird.