Wieso Bibi Blocksberg und die Drei ??? von Spotify verschwinden könnten

headphones and laptop

Aktuell ist Spotify dabei Hörbücher und Hörspiele (genau genommen geht es um die Kategorie „Spoken Word“ zu entfernen, wenn die einzelnen Tracks bzw. Kapitel kürzer sind als 3 Minuten.

Damit setzt Spotify eine Richtlinienänderung um. Denn seit einigen Monaten verbieten die Spotify Richtlinien es Contenterstellern (damit sind in diesem Fall Verlage, Aufnahmestudios, Hörbuchsprecher etc. gemeint), Dateien hochzuladen die kürzer als 3 Minuten sind, wenn es sich dabei um gesprochene Sprache handelt. Musik darf auch weiterhin kürzer als 3 Minuten sein.

Warum verbietet Spotify Tracks mit weniger als 3 Minuten in der Kategorie Spoken Word?

Hierzu muss man verstehen, wie Spotify Künstler und Rechteinhaber bezahlt:

Wenn du ein Spotify Premium Abo hast, bezahlst du jeden Monat ca. 10 Euro, damit du den Service nutzen kannst. Dieses Geld wird in einen Topf geworfen, dann zieht Spotify für sich selbst einen Teil davon ab, um damit Mitarbeiter, Server, Infrastruktur etc. zu bezahlen.

Das verbleibende Geld wird dann durch alle Streams, die in diesem Monat gehört wurden geteilt.

Stell dir also vor, dass Spotify 1 Millionen Nutzer hat, die monatlich 10 Euro zahlen. Im Topf sind dann 10 Millionen Euro. Für dieses Beispiel gehen wir jetzt mal davon aus, dass Spotify keine Provision abzwackt 🙂 (was sie in Wirklichkeit natürlich tun).

Wenn jetzt jeder dieser 1 Millionen Nutzer im Schnitt 1000 Songs im Monat auf Spotify hört, wurden in diesem Monat 1 Millionen x 1000 Songs => 1.000.000.000 Songs gehört. Wir teilen nun die 10.000.000 Euro durch 1.000.000.000 Songs und erhalten den Wert, den Spotify an die Künstler pro gehörten Track bezahlt => 1 Cent pro Song.

In Wirklichkeit ist der Wert sogar noch niedriger. Wenn du wissen möchtest, wie viel ein Künstler pro Song verdient schau dir diesen Artikel an.

Jetzt bekommt also jeder Künstler pro gehörten Song 1 Cent.

Das ist erstmal gerecht. Doch in den letzten Jahren haben wir erlebt, dass immer mehr Hörbücher auf Spotify auftauchen, was erstmal cool ist. Allerdings ist es bei Hörbüchern und Hörspielen viel einfacher die Länge der Tracks kürzer zu halten, als es bei Musik ist. Die meisten Songs sind im Schnitt 3 Minuten lang, wenn sie viel kürzer wären, würden wir sie wohl nicht hören, weil wir uns daran gewöhnt haben, dass Musik diese Länge hat.

Bei Hörbüchern und Hörspielen, merken wir es aber gar nicht so sehr, wenn die Tracks nur sehr kurz sind, weil es in der gesprochenen Sprache normal ist, dass es Pausen gibt. Für Produzenten von Hörbüchern und Hörspielen (so wie es bei Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen, TKKG oder den 3 ??? der Fall ist), ist es also vergleichsweise leicht die Dateien einfach viel kürzer zu schneiden.

Ein Hörspiel, das 45 Minuten geht, kann also problemlos aus 100 Tracks bestehen, ohne dass die Hörer/innen einen großen Unterschied zu einem Hörspiel bemerken, das nur aus einer langen Datei besteht.

Für die Leute, die an Bibi Blocksberg oder den 3 Fragezeichen Geld verdienen ist das natürlich super. Denn wenn sie pro Stream 1 Cent bekommen dann wäre es „dumm“, wenn ein Hörspiel nur aus einer einzigen langen Datei bestehen würde.

In diesem Fall würden sie für das ganze Hörspiel nur 1 Cent bekommen. Wenn sie aber die 45 Minuten so schneiden könnten, dass sie nicht aus 1 langen Datei sondern aus 45 Dateien á 1 Minute bestehen, bedeutet das, dass sie 45x so viel Geld damit verdienen.

Warum will Spotify nicht, dass Bibi Blocksberg und die drei Fragezeichen so viel Geld einbringen?

Das Problem ist jetzt folgendes:

Angenommen wir haben wieder 1.000.000 Spotify Hörer, die 10.000.000 Euro in den Pool einzahlen.

Jetzt hören die Leute aber nicht mehr 1.000.000.000 Tracks über Spotify, sondern sie hören viele Hörspiele, wo die Tracks sehr kurz sind. Wenn sie früher im Schnitt 30 „Songs“ bzw. Tracks am Tag gehört haben und jetzt noch 2 Folgen Bibi Blocksberg oder 2 Folgen 3 ??? hören, wo ein Hörspiel in einer Lange von 45 Minuten aus 30 Tracks besteht, hören sie nicht mehr 30 Tracks am Tag gesamt, sondern (2 Folgen Bibi Blocksberg + 2 Folgen 3 ??? = 4 Folgen á 30 Tracks + 30 Tracks Musik) 150 Tracks. Sie kommen jetzt also nicht mehr auf 1.000 Tracks im Monat, die sie hören, sondern auf 4.500 Tracks!

Wenn jetzt alle 1.000.000 Hörer nicht mehr 1.000 Dateien über Spotify hören, sondern nur 4.500 Dateien, bekommt am Ende jeder Künstler weniger!

Es gibt dann nicht mehr 1 Cent pro Track für den Künstler, sondern 1.000.000 x 4.500 => 10.000.000 / 4.500.000.000 = 0,002222222 Euro pro Track. Also 0,2222222 Cent pro Track! Mit anderen Worten, die Künstler würden an 1000 Tracks nur noch 2,20 Euro verdienen. Damit sind wir übrigens schon sehr nah an dem, was Künstler aktuell auf Spotify verdienen.

Es ist klar, dass das Spotify auf Dauer ein Dorn im Auge ist, wenn ihre großen Künstler immer weniger verdienen. Vermutlich hat Spotify auch Angst, dass sie für große Künstler unattraktiv werden, wenn die Verdienste immer weiter fallen.

Also löscht Spotify jetzt Bibi Blocksberg, TKKG, Benjamin Blümchen, die 3 ??? usw?

Ja und nein.

Wir beobachten in den letzten Tagen, dass Spotify immer mehr Hörbücher und Hörspiele löscht, wenn die Tracks unter 3 Minuten sind.

Sowohl Bibi Blocksberg, also auch Benjamin Blümchen, die 3 ???, TKKG und viele andere Hörspiele haben Tracklängen die +/- 1,5 Minuten betragen. Sie sind also potenziell von der Löschung bedroht und meiner Meinung nach ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass die Tracks kurzfristig von Spotify verschwinden werden.

Allerdings sind die Verlage selbst ja nicht dumm. Sie wissen auch, dass Spotify dagegen vorgeht und alles was sie tun müssen ist, die Hörspiele neu zu schneiden, so dass die Tracks jeweils länger als 3 Minuten sind, indem man Kapitel zusammenfasst. Das ist grundsätzlich schnell gemacht. Doch das Problem ist, dass diese Hörspiele so viele Folgen haben, dass die Verlage möglicherweise nicht schnell genug sind sie komplett auszutauschen. Es kann also durchaus passieren, dass für ein paar Tage deutlich weniger Folgen online sind, als ihr es von den 3 ??? oder Bibi Blocksberg gewohnt seid.

Ich würde aber davon ausgehen, dass die Hörspiele sehr schnell wieder auf Spotify erscheinen.

Warum sind meine Playlists jetzt leer?

Wenn die Hörbücher und Hörspiele neu hochgeladen werden, bekommen sie intern im System eine andere ID. Die Playlists sind mit den IDs verknüpft. Die Playlist ist also nicht schlau genug, um zu erkennen, dass die selben Hörspiele jetzt erneut hochgeladen wurden. Entsprechend kann die Playlist sich nicht selbst aktualisieren.

Am besten suchst rufst du das Profil deines Künstlers auf (Bibi Blocksberg, TKKG, Benjamin Blümchen, 3 ??? oder was auch immer du hören möchtest…) und schiebst die Alben wieder neu in deine Playlists rein.

Ist das jetzt gut oder schlecht?

Für Nutzer*innen macht es wohl keinen Unterschied, um die Tracks 1,5 Minuten oder 3+ Minuten lang sind. Für mich als Content Creator ist das eine sehr positive Entwicklung.

Denn so wird langfristig die Auszahlung wieder steigen. Und ehrlich gesagt war es mir schon lang ein Dorn im Auge, das vor allem Verlage noch sehr lang die Möglichkeit hatten einfach super kurze Tracks hochzuladen. Selbst zu einer Zeit, als dies für kleinere Creator schon nicht mehr so einfach möglich war. Es ist natürlich ärgerlich, wenn man ein Hörbuch hochlädt, das 2 Stunden geht und nur aus 50-60 Tracks besteht, während ein größerer Verlag noch immer 2 Stunden Hörbücher mit 200 Tracks hochladen konnte. Das bedeutet nämlich, dass der kleine Creator nur ca. 30% von dem verdient hat, was der Verlag rausgekriegt hat obwohl der Nutzer gleich lang konsumiert hatte.

Wenn dadurch also langfristig die Ausschüttung pro Track steigt, wird es für viele Creator gerechter sein.


3 Antworten zu “Wieso Bibi Blocksberg und die Drei ??? von Spotify verschwinden könnten”

  1. […] Ich gehe davon aus, dass dieser Wert in den nächsten Monaten ansteigt. Das liegt daran, dass Spotify aktuell sehr viele Tracks löscht, wenn es sich dabei um Hörbücher und Hörspiele handelt, die kürzer sind als 3 Minuten pro Track. Warum das so ist, habe ich in diesem Artikel geschrieben: Wieso Bibi Blocksberg und die Drei ??? von Spotify verschwinden könnten […]

  2. Es ist alles richtig, was in diesem Artikel steht. Jedoch ist es die starre 3-Minuten-Regelung aus künstlerischer und auch verwaltungstechnischer Hinsicht sinnvoll. Ich habe das Problem, zwei Hörbücher (oder eher Hörspiele, da sie neben dem gelesenen Text auch Musikstücke enthalten) nicht bei Spotify veröffentlichen zu können. Die gelesenen Stücke sind oft unter diesen magischen 3 Minuten, bestehen aber aus unterschiedlichen Stücken mitunter sogar unterschiedlicher Urheber (u.U auch bei den musikalischen Stücken). Einfache Stücke zusammemziehen geht also in diesem Falle schonmal nicht. Wie also das Problem lösen? In einem anderen Genre (das Ganze zum Beispiel als Musikalbum zu veröffentlichen) funktoniert auch nicht. Und künstliche Generalpausen hinzuzufügen,um 3 Minuten zu erreichen, wird den Hörfluss stören. Also kann ich nicht veröffentlichen und bin zudem auch künstlerisch eingeschränkt. Ob sich Spotify mit dieser kleingeinstigen Denkweise, die keine individuelle Prüfung zulässt, einen Gefallen tut, wage ich zu bezweifeln. Glücklicherweise sieht das momentan nur Spotify so und bei anderen Anbietern sind auch noch andere Veröffentlichungen möglich. Über die Abrechnungsmodelle für alles, was jenseits großer Künstler liegt, sollte ohnehin noch einmal diskutiert werden. Spotify und Streaming an sich, bei allen tollen Möglichkeiten, die es dabei gibt, ruiniert auch die wirtschaftliche Basis der Künstler…

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